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MAGAZIN

“Feminista, Baby!”

Foto © Marc Wathieu

"Feminista, Baby!", im Deutsches Theater, bringt drei Männer auf der Bühne um das ultraradikale Manifest der Feministin Valerie Solanas von 1967.

 

“Feige wie sie sind, projizieren sie meisten Männer ihre fundamentale Schwäche auf die Frauen, dichten ihnen weibliche Schwäche an und glauben, sie selbst würden über die Kraft der Frau verfügen. (…) Eine Frau hält nicht nur ihre Identität und Individualität für selbstverständlich, sondern sie weiß auch instinktiv, dass das einzige Übel darin besteht, anderen Schmerz zuzufügen, und dass der Sinn des Lebens die Liebe ist.” SCUM Manifesto, Valerie Solanas, 1967.

 

In der U-Bahn, auf dem Weg zum Deutsches Theater in der Schumannstraße 13, ließ ich mein Finger durch die Nachrichten auf dem Bildschirm meines Handys fliegen. Eventuell landete ich auf einem Artikel über den weiblichen Orgasmus. Dort lernte ich, dass die männliche Sexualität, physiologisch gesehen, nur eine Fortsetzung der Entwicklung der Klitoris, noch im Fötus, ist.

 

Absicht des Schicksals oder nicht, dieses Artikel könnte keine bessere Einführung in das Stück das mich erwartete sein. "Feministin, Baby!" bringt eine Interpretation von Valerie Solanas Manifest auf der Bühne. Valerie, eine radikale Feministin, die 1968 versuchte, Andy Warhol durch Erschießung zu ermorden. Dies galt als Ausgangspunkt für ihr Ziel alle Männer zu vernichten; glücklicherweise ohne Erfolg.

 

Das Stück beginnt mit drei Männern, die mit eingeschaltetem Licht und zugezogenem Hauptvorhang die Bühne betreten. Schweigend ziehen sie sich aus und rasieren sich. Danach ziehen sie ein weißes Kleid an und setzen eine blonde Perücke, die an Marilyn Monroe erinnert, auf.

 

Von nun an verkörpern diese drei Männer die Stimme von Valerie Solanas, was den Männern dazu bringt einen stark antisystemischen Text zu interpretieren; in dem das System, laut Valeries Vorstellung, der Mann und das männliche Geschlecht ist. Ein Text der sich gegen eine normalisierte Gesellschaft, die von ultra-kapitalistischen Werten beherrscht wird, in der Frauen weiterhin als dem Mann unterworfenes Element auftauchen äußert.

 

Das Stück mischt Theater mit anderen Medien wie Video, Voice-over und Musik, und ein minimalistisches, aber opulentes, Bühnenbild. Dies gelang manchmal sehr gut, aber an eigene stellen kam mir etwas übermächtig vor. Nichtsdestotrotz, wird das Stück von einem stetig lächelndes Publikum begleitet, auch wenn das Manifest von Valerie Solanas keinerlei eine Komödie ist. Aber ja, lachen ist schön.

 

Nun muss ich gestehen, dass die im Stück erwähnte Empfänglichkeit der Frauen und Bestialität der Männer, mich dazu brach nachzufragen ob ich doch nicht eine Frau wäre. Aber nein, das bin ich nicht, aus Liebe und Anbetung zu der Frau. Denn es ist aus der Entfernung eines Geschlechtes, dass ich die Erhabenheit ihrer Schönheit wahrnehme. Letztendlich sehe ich mich als Gegner eines normalisierenden und entfremdenden Systems, aber lehne ab, dass das Problem in der Entwicklung der Klitoris liegt.

 

  

 
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Édi Kettemann

Édi ist ein sehr neugieriger Mensch, der sich für alles interessiert, was er sieht. Er liebt es, Menschen, ihre Bewegungen und Interaktionen zu beobachten. Dies ist wahrscheinlich der Hauptgrund dafür, dass er bereits als Jugendlicher seine Leidenschaft für Film, Theater, Schreiben und Fotografie entdeckte und seitdem pflegt. Nachdem er Elektrotechnik studierte, was ihm die Chance gab, in verschiedenen Ländern zu leben, mit verschiedenen Kulturen zu interagieren und sich mit mehreren Sprachen vertraut zu machen, engagiert er sich bei Kultur- und Bildungsprojekte. Lebt seit 2016 in Berlin.

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