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MAGAZIN

Manuela Sambo und die Frauen in ihren Bildern

Angolanische Künstlerin spricht über ihr Leben in Berlin und erzählt wie ihr Atelier sie unterstützt hat ihre afrikanischen Wurzeln in Deutschland zu behalten. Oben: J.A.D, eines ihre Werke | Profil - von Enio Moraes Júnior

Blaue, gelbe Frauen. Bunt. Nackte, geschmückte Frauen. Markiert. Einige allein, Andere in Begleitung von Männern, von Kindern, von Tieren und von anderen Frauen. Die Aufmerksamkeit ziehen die femininen Figuren der Künstlerin Manuela Sambo an, welche die Bilder darstellen. Ein relevantes Thema dessen Wichtigkeit eine neue Bedeutung gewonnen hat.

- Der Feminismus wird wieder global, erneut. Bis zu den 2000er Jahren war die Stelle der Frau eindeutig, aber sie wurde neu geboren aufgrund von Veränderungen, die seitdem herrschten. Immer mehr Menschen mit einem Immigrationshintergrund kommen hierher, aus Ländern, in denen die Frau in der Gesellschaft anders betrachtet wird, oder auch einen anderen Stellenwert hat. Aus Ländern, in denen sie, als Frau, keine Rechte hat.

Manuela’s Atelier befindet sich in Wedding. Ein weiterer multikultureller Stadtteil Berlins, wo Deutsche und Ausländer zusammenleben. Im zweiten Stock eines Altbaus, findet man Farben, Pinsel und Rahmen vor. Von außen betrachtet, hat das Haus eine rosafarbene Fassade sowie einige Graffitis an den Wänden. Und dort fand unser Treffen statt. Dort, wo die Künstlerin sich ihr eigenes Universum der Bilder geschaffen hat.

- Das ist mein Studio. Von meinem Mann und mir, denn er ist auch Künstler. Das ist der Raum, in dem er arbeitet. Hier arbeite ich, sagte sie mit einem Lächeln an diesem Nachmittag zu Beginn des Frühlings.

Manuela Sambo kam in der angolanischen Hauptstadt Luanda zur Welt, im Jahr 1964. Ihre Mutter, Clotilde de Ascensão Dias, verließ ihr Land im jungen Alter von 20 Jahren um mit dem älteren Angolaner José Ambrósio Sambo zu leben. Zu der Zeit hatte er bereits 8 Kinder und es kamen 3 weitere dazu, unter ihnen auch Manuela.

 

Als die Eltern starben war die Künstlerin noch ein Kind, aber die Geschichten über ihre Eltern wurden ihr von ihren Onkeln und Tanten sowie älteren Geschwistern erzählt. Diese behält sie in Erinnerung. „Sie waren sehr glücklich. Wir haben Aufnahmen aus dieser Zeit, wo man eine sehr große und wundervolle Familie sieht.“

 

Mauela hat vielleicht den Geschmack für den künstlerischen Ausdruck von ihrem Vater gelernt. „Er war Kräutersammler, hatte jedoch viel afrikanische Kunst zu Hause gehabt. Er hat sich immer dafür begeistert. Deswegen habe auch ich immer viel von der afrikanischen Kunst aufgenommen.“

 

Den Drang zu großen Veränderungen hat sie wahrscheinlich von der Mutter geerbt, denn im selben Alter wie Clotilde, wiederholte sich die Geschichte noch einmal. 1984 kam sie nach Deutschland mit einem Stipendium aus Angola, als Studentin der Germanistik.

 

Auf einer Karnevalsparty in Dresden lernte sie einen Deutschen kennen und verliebte sich in den Künstler Daniel Sambo-Richter. Zusammen sind sie nach Leipzig gezogen, daraufhin weiter nach Cottbus. Zu der Zeit begann eine erfolgreiche Karriere. „Mein Ehemann war mein Kunstprofessor. Dies betone ich immer wieder”.

 

Daniel sagt, dass Manuela immer eine aufmerksame Beobachterin der Kunst war, und da entstand die Basis seines Lernprozesses. Das Zusammenleben prägt ihn, denn sie stellt die Möglichkeit dar, seine europäische, vor allem deutsche Formation mit Aspekten der angolanischen Kultur zu bereichern. „Also hinsichtlich des sozialen Umgangs, der Bedeutung von Familie, der Empathie gegenüber Mitmenschen, des eigenen Selbstbildes und der Selbstdarstellung”.

 

Seit 33 Jahren zusammen, teilt das Paar mehr als nur ihr Atelier und den gemeinsamen Nachnamen Sambo. Sie haben eine Tochter, welche in Deutschland geboren ist. Naomia Sisoli ist 26 Jahre alt, ist Biotechnickerin. „Ich bin auch schon Oma eines kleinen Zwergs, der Heiner heißt….. Heiner Sambo Mischon“, betont Manuela mit einem betäubenden Lächeln. Wenn sie über ihren Enkel spricht, erscheint ihre Zufriedenheit, die Persönlichkeiten entwickelt auf den Bildschirmen. Vergleichbar mit dem Enthusiasmus von Frauen, welche Generationen erschaffen.

 

Cottbus, Anfang der 90er. Das Künstlerpaar, mit der frischgeborenen Naomia Sisoli in den Armen entscheidet sich für Deutschland. Für das Land, wo sie leben möchten. „Wir mussten eine Entscheidung treffen, da wir schon eine kleine Familie waren. Wir hatten eine kleine Tochter “, sagte Manuela.

Sie hätten in Angola, ihre Heimat leben können oder in Portugal, wo sie ihre Wurzeln hat. Doch die Entscheidung fiel für Deutschland. „Die Mauer fiel. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands waren wir kurios, wie sich das Land entwickeln wird. Haben entschieden zu bleiben.“ Sie blieben. Im Jahr 2000 kamen sie endgültig nach Berlin.

 

Frauen in Bildern

 

Sitzende, liegende, geliebte, beflügelte, gebundene und bewaffnete Frauen. Manuelas Kinderaugen strahlen, wenn sie die politische Bedeutung ihrer Kunstwerke darstellt. Sie glaubt an die afrikanische Frau als Inspiration für ihre Bilder.

 

- Es ist ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit. Vieles hat mit der Verbindung zu tun, dass ich eine afrikanische, angolanische Frau bin. Frau einer entschlossenen Familie, einer entschlossenen Gesellschaft, welche eine eigene Geschichte hat.

 

Die Künstlerin stellt die Unterschiede der afrikanischen gegenüber der europäischen Frau dar.

- Auf den Bildern sowie den afrikanischen Statuen, die jeder kennt, gibt es immer eine starke Frau, die sich mit all ihren Mitteln schützt. Die europäische Kunst dagegen stellt die Frau eher sündig dar, oder grob gesagt, das Selbstbewusstsein ist nicht vorhanden. Selbst in älteren Aufzeichnungen, wie zum Beispiel des Römischen Reichs, spielt die Frau keine starke soziale Rolle. Außer, wenn sie Königin ist, so erfolgte die Inszenierung anders.

Manuela ist stolz die Frau in ihren Kunstwerken zu thematisieren. Kritisch sieht sie manchmal, wenn ihre Kunst mit dem europäischen Kubismus verglichen wird. Deshalb besteht sie darauf, dass die Wurzeln ihrer Arbeit in der afrikanischen Kunst liegen.

 

- Genau das ist ein großes Problem des Eurozentrismus. Ich kann nicht behaupten, dass ich vom europäischen Kubismus beeinflusst wurde. Wenn es so wäre, dann wäre ich eher vom afrikanischen Kubismus beeinflusst, sagt sie. Auch wenn die Grundlagen des Stils Pablo Picassos in Afrika verewigt sind.

Zu Beginn ihres Lebens in Deutschland, entdeckte Manuela die Kunst als Beruhigung ihrer Sehnsucht nach ihrer Heimat, gleichzeitig aber, als Weg um sich bewusst zu werden, dass sie weg von dieser ist. „Ich wollte unbedingt zurück nach Angola, da ich meine Heimat sehr vermisst habe. Als ich anfing mit der Kunst zu arbeiten, war es eine Art Selbstfindung der eigenen Identität, als Angolanerin in Deutschland, denn die Umstellung war nicht einfach. Ich entdeckte das Malen als eine Möglichkeit zu Hause zu sein.“

 

Ohne Zweifel füllen die Kunstwerke und die Berufung eine Lücke einer Person, die an einem anderen Ort lebt, als in ihrer Heimat. Sie schreiben in ihrer Muttersprache, die, die schreiben können. Tanzen oder Singen die Rhythmen der Heimat, die, die tanzen oder singen können. In Manuelas Fall, geben die Pinsel und die Farben die Erinnerungen an die Heimat wieder.

 

- Das Malen vertieft mich immer in mein eigenes Universum. Es ist meine Art mich gut zu fühlen. Logisch, dass meine Arbeit mit ihrer Diversität, immer mit dem Ausdruck meiner Herkunft zu tun hat.

 

Wenn man deine Kunst betrachtet, merkt man, dass alle Frauen das Mysterium der afrikanischen Masken beinhalten. Es ist Manuela und ihre Gesichter. Doch Manuela widerspricht: „Es sind immer dieselben Gesichter. Natürlich auch Gesichter von mir, aber nicht nur. Aber es sind immer dieselben Frauen.“

 

Die Künstlerin malt und während ihre Bewegungen die Farbe an die Leinwand bringen, kommt eine Bemerkung zum feministischen Diskurs. „Aus diesem Grund zeichne ich manchmal die Frau mit einem Messer.“ Neugierig darüber was dieses Messer ist, wirkt es, dass es auch der Pinsel in ihren Händen ist.

 

Fern und Nah

 

Übersetzen: Assoziieren, interpretieren, erkennen. Neben der künstlerischen Arbeit arbeitet Manuela als vereidigte Übersetzerin. Vielleicht die Einzige mit angolanischen Wurzeln, welche dies auf germanischem Boden macht. In diesem Fall ist es die portugiesische Sprache, die sie wieder einmal mit ihrer Heimat verbindet.

 

- Ich besuche fast jedes Jahr meine Familie in Angola, mindestens einmal pro Jahr. Manchmal als Übersetzerin oder für Ausstellungen. Der Kontakt mit Angola, aber auch mit Portugal, wo ein Teil der Familie wohnt, ist mir immer sehr wichtig.

 

In der Familie ist Manuela als Nelinha bekannt. Der Anwalt José Ambrósio Eduardo Sambo wohnt in Luanda, ist der 8 Jahre ältere Bruder, emotional berührt sagt er über die Künstlerin. „Nelinha ist eine sehr liebenswürdige Schwester und wird auch von der ganzen Familie verehrt.“

 

- Sie repräsentiert eine perfekte Dualität. Sie schafft es ihre kulturellen. angolanischen Wurzeln, auch nach mehr als 30 Jahren in Deutschland, weiterzuleben.

 

Die Dualität von der José Eduardo so stolz spricht, spaltet auch sein Herz. „Ein Mensch mit diesem Profil fehlt der Familie sehr. Wir vermissen sie. „Dieses Gefühl schwächt nur ab, da wir uns immer gegenseitig besuchen. Auch wenn wir geographisch gesehen getrennt sind, so sind wir eine vereinte Familie.“

 

Nach 18 Jahren in Berlin, ist Manuela in der Lage zu sagen, dass sie sich als Berlinerin fühlt. Die Stimme einer politischen, aktiven Bürgerin, geprägt von einer Gelassenheit, welche man in diesem Moment hören kann.

 

- Das Gefühl eine Berlinerin zu sein, ist das Gefühl ein Teil der Stadt zu sein. Ein Teil der Stadt zu sein, aktiv oder passiv, zu sehen was mit der Stadt passiert. Seien es kulturelle, politische oder soziale Belange.

Manuela bewertet die Tatsache in Deutschland zu leben als Zufall, da sie hier ihren Ehemann kennengelernt hat. „Oder ich wäre zurück nach Angola gekehrt, so wie meine Kommilitonen, welche mit mir studiert haben.“ Und wenn das Leben sie zurück in ihr Land geführt hätte?

 

- Wenn ich damals heimkehren müsste, hätte ich mit großer Wahrscheinlichkeit weniger im künstlerischen Bereich gemacht, aber mich mit ökonomischen oder politischen Themen beschäftigt. Es wäre völlig anders gewesen, denn Angola brauchte uns, und braucht uns noch immer. Deshalb schickte uns der Staat hierher.

Obwohl sie sich für die Stadt Berlin engagiert, einen deutschen Mann hat, eine Tochter mit einem Enkel, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, war es nie geplant diesen Titel zu bekommen.

 

- Ich weiß, dass ich keine Deutsche bin und niemals eine sein werde. Ich bin Angolanerin und Portugiesin. So ist es. Daher wollte ich nie die deutsche Staatsbürgerschaft.

 

Die Wahrheit ist, dass Manuela die Kraft ihrer Figuren, welche sie malt, ausstrahlt. Sie transformiert diese in den Stolz ihrer Herkunft, ein Teil der Familie Sambo zu sein, und in Angola geboren zu sein. Afrikanerin zu sein. Clotilde und Joaquim hätten sich bestimmt nie gedacht, wie viel davon sie in ihrer Kunst verwendet, auch wenn sie nicht lange zusammengelebt haben.

 

Manuela verabschiedete sich mit einer Umarmung und ihrem großzügigen Lächeln. Beim Rausgehen, aus dem Altbau, schaute ich auf einen Platz in der Nähe. Frauen. Manche alleine, andere in Begleitung von Männern, von Kindern, von Tieren oder von anderen Frauen. Ich habe an diesem Nachmittag versucht mir vorzustellen, wie Manuela diese Frauen wohl zeichnen würde. Mit ihren Pinseln, getaucht in Farbe und mit dem Gefühl eine Frau zu sein. Eine Afrikanerin zu sein.

Reportage und Fotos: Enio Moraes Júnior (emoraesj@uol.com.br)

Übersetzung: Alexander Pribb (a.pribb@web.de)

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Enio Moraes Júnior

Enio Moraes Júnior ist ein brasilianischer Journalist und Professor. Seit 2017 wohnt er in Berlin. In der Hauptstadt arbeitet als Portugiesisch Lektor und schreibt über Auslander welche die Berliner Straßen bevölkern.

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